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Sep 9, 2014 - 7 minute read - gameinferno.de BPjM

Neue Domain und alte Zensurlisten

Ich hab mir am 15.07.2014 eine neue Domain gameinferno.de geklickt. Recht schnell musste ich feststellen, dass gameinferno.de auf dem Index steht - wie es landläufig so schön heißt.

Wenn man bei google.de nach gameinferno.de sucht, bekommt man unter den Suchergebnissen eine Meldung wie die folgende eingeblendet.

Klickt man auf den Link Information über diese Rechtsgründe steht dort:

Ihre Suche hätte in den Suchergebnissen einen Treffer generiert, den wir Ihnen nicht anzeigen, da uns von einer zuständigen Stelle in Deutschland mitgeteilt wurde, dass die entsprechende URL unrechtmäßig ist.

Hinter der zuständigen Stelle in Deutschland verbirgt sich in diesem Fall die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien - abgekürzt BPjM - so vermutete ich.

Diese BPjM führt eine Liste jugendgefährdender Medien. Eine Liste ist nicht ganz korrekt es sind gleich mehrere Listen. Details zu den einzelnen Listen stehen in der wikipedia.

Für Onlinemedien - Telemedien heißt das im Gesetz - gibt es zwei Listen die relevant sind. Im Gesetzestext werden diese als Liste C und Liste D bezeichnet. Dazu heißt es:

Liste C: (Nichtöffentliche Liste der Medien) die jugendgefährdenden Trägermedien, die nur deshalb nicht in Liste A aufzunehmen sind, weil bei ihnen von einer Bekanntmachung der Aufnahme in die Liste gemäß § 24 Abs. 3 Satz 2 JuSchG abzusehen ist, sowie alle Telemedien die jugendgefährdend sind und bestimmten Verbreitungsverboten des § 4 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) unterliegen, soweit sie nicht Liste D zuzuordnen sind

Liste D: (Nichtöffentliche Liste der Medien mit nach Ansicht der BPjM absolutem Verbreitungsverbot) die Trägermedien, die nur deshalb nicht in Liste B aufzunehmen sind, weil bei ihnen von einer Bekanntmachung der Aufnahme in die Liste gemäß § 24 Abs. 3 Satz 2 JuSchG abzusehen ist, sowie alle Telemedien, die möglicherweise strafrechtsrelevanten Inhalt haben und für die nach der für Gerichte allerdings unverbindlichen Ansicht der BPjM weitergehende Verbreitungsverbote nach StGB gelten.

Ich habe daraufhin - um meine Vermutung zu bestätigen - am 28.07.2014 erstmal eine Anfrage an die BPjM gestellt. Diese Anfrage ist hier dokumentiert.

Eine Woche später - Behörden in Deutschland sind anscheinend vorallem immer noch eines, Langsam - bekam ich die Bestätigung von der BPjM, dass meine gameinferno.de in der Tat auf der Liste C geführt wird.

Sehr geehrter Herr Walther,

vielen Dank für Ihre Mail. Die Domain “gameinferno” wird in der Liste geführt. Die URL wird in Listenteil C geführt. Die Entscheidung mit der Begründung ist angehängt. Nein das darf die BPjM von Gesetzes wegen nicht prüfen. Die BPjM darf hier nur auf Antrag des Anbieters tätig werden, der von dem Verfahren in Kenntnis gesetzt wurde. Siehe Antwort zu Frage 5.

Mit freundlichen Grüßen

Die erwähnte angehängte Entscheidung als PDF. Diese Entscheidung ist auch nochmal so eine Geschichte, mir standen die Haare zu Berge als ich die gelesen habe.

Was mir noch direkt auffiel an der Antwort: Die BPjM hat keine Ahnung von Telemedien und hat mit so Konzepten wie URL und FQDN anscheinend arge Verständnisprobleme.

Die Domain “gameinferno” wird in der Liste geführt.

aus der oben zieteirten Antwort der BPjM

Die Domain gameinferno gibt es gar nicht. Die Domain heißt gameinferno.de. An derlei Schnitzern sieht man sehr schön dass die Mitarbeiter der BPjM zwar gerne das Internet zensieren wollen, aber selbst einfache und grundlegende Konzepte wie fully qualified domain names (FQDN) nicht verstanden haben.

Was mich an der Antwort auch stutzig gemacht hat ist die Antwort auf meine Frage 5:

Frage: #5 Überprüfen sie bei Telemedien regelmäßig ob die Gründe welche zur Indizierung geführt haben noch fortbestehen? Antwort: Nein das darf die BPjM von Gesetzes wegen nicht prüfen. Die BPjM darf hier nur auf Antrag des Anbieters tätig werden, der von dem Verfahren in Kenntnis gesetzt wurde.

Dass es ein Gesetz gibt, welches Bundesbehörden die Benutzung des Befehls whois verbietet ist mir neu. Ich hab auch gleich zurück geschrieben und nach der gesetzlichen Grundlage gefragt. Antwort der BPjM ist hier dokumentiert. Kurz gesagt glaubt man bei der BPjM dass es Bundesbehörden verboten ist den Befehl whois zu nutzen. Unglaublich, aber leider wahr.

Wie auch immer, nach langem hin und her, nach einigen Telefonaten und Emails mit der BPJM habe ich am 3. September 2014 endlich die Ankündigung bekommen, dass die BPjM beschlossen hat meine neu erworbene Domain von der Liste zu streichen.

Leider ist die Streichung bis heute nicht erfolgt, oder die Zensurlisten sind noch nicht aktualisiert worden. Die Domain ist auf jeden Fall immer noch auf dieser BPjM Zensurliste enthalten und wird von allen Filterrogrammen die ein sog. BPjM-Modul integrieren gesperrt.

Sperrseite der Fritzbox bei aktiviertem BPjM-Modul vom 10.09.2014

Ich finde es - offen gestanden - absolut unakzeptabel was die BPjM hier macht und wie langsam, schlampig und anscheinend unter Abwsenheit jeglichen Sachverstand hier gehandelt wird. Selbst wenn man davon abgeseht dass die Konzepte des Jugendschutzgesetztes und des Jugendschutzstaatsvertrag im Bezug auf Onlinemedien sowieso vollkommen irre sind und an der Lebensrealität komplett vorbei laufen muss man feststellen dass die Arbeit der BPjM in dieser Hinsicht eine vollkommenes Versagen darstellen.

Ich fasse im folgenden mal zusammen was mir so bisher alles aufgefallen ist:

  • Die BPjM hat das Konzept Domain und FQDN augenscheinlich nicht verstanden. Obwohl sie per Gesetzt dazu beauftragt sind Listen mit Domain und FQDN Namen zu führen. Immer wenn man mit der BPjM redet oder schreibt wird dass offensichtlich wenn BPjM Mitarbeiter von der Domain gameinferno reden (oder eben schreiben).
  • Die BPjM führt auf ihrer Liste knapp 500 Domains die überhaupt nicht registriert sind. Ein glatter Gesetzesverstoß, vgl. JushG §18 Abs. 7 und §21 Abs. 5.
  • Die BPjM hat nicht verstanden was Browser tun, wie URLs normalisiert werden und dass es keine Groß- und Kleinschreibung bei Domainnamen gibt. Was zu Einträgen auf ihren Listen führt die niemals irgendetwas filtern werden, weil URLs wie http://FooBar.org niemals in ihrem tollen BPjM-Modul ankommen werden.
  • Die Implementierung des BPjM-Moduls ist einfach Schrott. Technisch völlig unbrauchbar. Wenn sie zum Beispiel die ganze Domain foobar.org sperren wollen, also alles unterhalb des root Verzeichnis (/) dann steht in ihrer tollen Sperrliste als Pfad die MD5summe d41d8cd98f00b204e9800998ecf8427e. Das ist nicht die MD5summe für / sondern die für einen leeren String. Hier hat wohl jemand das Konzept von Pfaden und dem Wurzelverzeichnis nicht verstanden. Einmal mit Profis arbeiten, nur einmal.
  • Die Listen sind in keiner Weise gepflegt. Es finden sich haufenweise Domains die es nicht gibt, Domains die geparkt sind, Domains die mittlerweile andere Besitzer haben und auch völlig andere Inhalte als die die ursprünglich mal auf die Liste gesetzt wurden. Dabei steht im Gesetz dass Angebote für welche die Vorraussetzung nach denen diese ursprünglich auf die Liste gesetzt wurden von selbiger zu löschen sind. JuschG §18 Abs. 7. Ferner ist ebenfalls im JuschG in §21 Abs. 5 festgelegt dass die BPjM von Amts wegen tätig wird wenn bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Mediums in die Liste nach § 18 Abs. 7 Satz 1 nicht mehr vorliegen. Das ist meiner Meinung nach ein glatter Gesetzesverstoß, sehenden Auges - durch eine Bundesbehörde.
  • Die BPjM ist langsam. Anscheinend ist es nicht möglich einen Eintrag auf ihren Zensurlisten innerhalb von 4 Wochen zu Löschen. Mit viel Glück schaffen sie 6 Wochen. Da is nix mit Datenautobahn die sind eher so die Kategorie mit einem Rollator auf dem Standstreifen.
  • Die BPjM legt die Gesetzte welche ihre Arbeit betreffen besonders krude aus. So sind sie z.B. der Meinung Bundesgesetzte würden ihnen verbieten whois zu nutzen um zu prüfen ob domains noch vergeben sind. Ferner geht man bei der BPjM davon aus dass nur der ehemalige Besitzer der Domain die Streichung von der Liste veranlassen kann. Völlige geistige Umnachtung, auf ganzer Linie.

Wer selber mal eine Domain befreien will, dem empfehle ich eine der zahlreichen nicht registrierten Domains welche auf den Zensurlisten der BPjM stehen zu registrieren und das dann mal selber zu versuchen. Viel Glück!

Ich würde mich freuen von entsprechenden Experimenten, dem Verlauf und Ausgang zu hören.