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Nov 6, 2013 - 4 minute read - Überwachung

Zugriff auf Mautdaten durch Sicherheitsbehörden

Mautbrücke Detailansicht

Wie SpiegelOnline berichtet möchte Hans-Peter Friedrich (der noch amtierende Innenminister) deutschen Sicherheitsbehörden Zugriff auf die Mautdaten geben.

Es war klar dass das früher oder später kommen würde, die Kritiker haben schon vor der Einführung des Mautsystems davor gewarnt. Damals wurde das System trozdem eingeführt mit der Einschränkung Ermittlungsbhörden keinen Zugriff auf diese Daten zu geben. Nur unter dieser Vorraussetzung wurde damals die Einführung des Mautsystems überhaupt zugelassen.

Sicherheitsbehörden (und damit auch Geheimdiensten die ihre Daten direkt mit ihren Partnern wie der NSA und dem GCHQ teilen) Zugriff zu gewähren birgt die folgenden ganz konkreten Gefahren:

  • Obwohl für das Mautsystem nur LKW relevant sind, wird jedes Fahrzeug mit Kennzeichen erfasst und fotografiert. Erst in einem nachgelagerten Schritt überprüft das System ob es die Daten für die Mauterhebung braucht, und löscht angeblich nicht benötigte Daten.

Das heißt dass mit dem Mautsystem nicht nur LKW überwacht werden können, sondern Grundsätzlich alle Verkehrsteilnehmer auf Mautpflichtigen Strecken (Autobahnen und einige Bundesstraßen). Die Geheimdienste, Polizei und Zoll können mit Zugriff auf diese Daten:

  • Bewegungsprofile aller Autobahnnutzer erstellen
  • Alle Fahrzeuginsassen auf den vordern Plätzen werden hochauflösend fotografiert, auch nachts. Dass heißt die Behörden können nachvollziehen wann und mit wem ich von wo nach wo gefahren bin.
  • Da das System automatisch die Kennzeichen ausliest, und in Maschinenlesbare Formate umwandelt kann man mit dem System automatisch nach bestimmten Fahrzeugen suchen und diese gezielt überwachen. Nimmt man Gesichtserkennung dazu kann man so auch Personenn zu Personen, zu Strecken und zu Fahrzeugen zusammenführen.
  • Kombiniert mit weiteren Sensoren und/oder Überwachungsmaßnahmen (wie z.B. einer Funkzellen abfrage oder eines IMSI Catchers) kann man dann auch Mobiltelefone einzelnen Fahrzeugen und Personen zuordnen.

Mit derlei Maßnahmen macht man Leute transparent und möglicherweise auch erpressbar. Die Geheimdienste wissen dann ganz genau wann dieser und jener Politiker mit dieser oder jener Dame sich wann und wo trifft bzw. hingefahren ist.

Bei Zugriff ausländischer Dienste kann so jeder Entscheindungsträger überwacht, ausspioniert und möglicherweise erpresst werden. Man kann damit Wirtschaftsspionage betreiben, da es relativ einfach ist wichtige Personen aus der Wirtschaft anhand ihrer Kennzeichen und mit Hilfe von Gesichtserkennung zu überwachen um zu sehen wann sie sich wo mit wem treffen.

Wir wissen dass derlei Daten, werden sie erstmal gesammelt nicht mehr gelöscht werden. Vielleicht bei uns, aber nicht bei den Partnern. Darin liegt auch die exorbitante Gefahr derlei Datensammlungen. Wir wissen nicht wie die Zukunft aussieht, wer in Zukunft Zugriff auf diese Daten bekommt und wie diese dann genutzt werden. Da das Missbrauchspotential dieser Daten ebenso hoch ist wie der Schaden im Falle eines Missbrauchs sollten wir derlei Daten gar nciht erst erheben. Nur Daten die nicht da sind sind sicher. Mehr Daten machen uns nicht sicherer, sondern weniger Daten über uns machen uns sicherer.

Ich habe ein wunderschönes Beispiel aus der Geschichte warum man derlei Daten nicht sammeln sollte. Kurz vor dem zweiten Weltkrieg gab es in den Niederlanden eine Volkszählung, wobei z.B. auch die Religion der Einwohner abgefragt und gespeichert wurde. Offiziell wollte man damit den Städtebau optimieren, damit man weiß wo man Synagogen, Kirchen und andere Einrichtungen bauen muss. Als dann die Nazis die Niederlande besetzt hatten, haben sie mit hilfer dieser gesammelten Daten alle Juden, Sinti, Roma,… abgeholt, deportiert, gefoltert und ermordet. Das war nur möglich weil ein paar Idioten gutes tun wollten und die Konsequenzen ihres handelns nicht annähernd überblickt haben. Ich befürchte das ist damals wie heute.

Im Lichte des NSA Skandals derlei gefährliche Überwachungsmaßnahmen zu fordern, die offensichtlich nicht benötigt werden - bisher ging es ja auch ohne - zeigt klar wo die Prioritäten der Regierung liegen. Der Schutz des Rechtsstaates, der Unschuldsvermutung, und die Privatsphäre der eigenen Bürger ist es sicher nicht!

Verdachtsunabhängige Rasterfahndung und Vorratsdatenspeicherung aller deutscher Verkehrsteilnehmer ist unverhältnismäßig, grob fahrlässig, macht uns alle unsicherer, untergräbt die Demokratie und den Rechtsstaat und gibt den Geheimdiensten noch mehr Daten und Missbrauchspotential.

Update Nov 7th 2013

Jemand scheint dem Friedrich und dem Krings ein neues Memo geschickt zu haben, jetzt wird öffentlich zurück gerudert. Schöner Versuch.